SPIEGELNEURONEN: Vortrag von Prof. Vittorio Gallese am 30.3.2012 in München
Die Entdeckung der Spiegelneuronen scheint erhebliche Bedeutung auch für psychotraumatologische Zusammenhänge zu haben (Opfer-/Täter-Spaltung, traumatische Übertragung). - Hier ein wichtiger Vortrag dazu:
Von der Fremdwahrnehmung zur Selbstwahrnehmung:
Spiegelneuronen ermöglichen Selbst-Bewusstsein
Ein Lächeln steckt an – Wer jemanden lächeln sieht, lächelt unwillkürlich
mit. Dafür sind die sogenannten Spiegel-Neuronen in unserem Gehirn
verantwortlich.
Professor Dr. med. Vittorio Gallese (Physiologisches Institut der Universität Parma/Italien) ist Mitglied des Forscher-Teams, das die Spiegel-Neuronen entdeckt hat. Im Rahmen des Deutschen Kongresses für
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie erläutert er den Einfluss der Spiegel-Neuronen auf die Entwicklung unseres Selbst-Bewusstseins und die Verbindung zwischen Körper und Selbstwahrnehmung.
Die Plenarveranstaltung „Body and Self – New perspectives from neuroscience“ findet am 30.3.2012 von 8:45–10 Uhr an der TU München in englischer Sprache statt.
Wie wir uns selbst wahrnehmen, ist entscheidend für unser Selbstbild. Ist die Selbst-Wahrnehmung gestört, kann das negative psychische und soziale Auswirkungen haben. In den letzten zwanzig Jahren ist die basale Erfahrung von uns selbst daher intensiv von verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen erforscht worden, so von den kognitiven Neurowissenschaften, der Neuropsychologie, der Entwicklungspsychologie, der Philosophie und der psychologischen Medizin. Das Phänomen der Selbst-Wahrnehmung ist vielschichtig und komplex. Dabei werden äußere Eindrücke mit inneren Empfindungen in Einklang gebracht. Äußere Eindrücke innerlich gespiegelt
Die Spiegelneuronen spiegeln die äußeren Eindrücke in unserem Gehirn (in Arealen des Frontallappens und Scheitellappens) wider und lassen uns dasäußerlich Wahrgenommene innerlich miterleben. Daher erwidern wir
beispielsweise unwillkürlich ein Lächeln oder unsere Stimmung schlägt um, wenn wir jemanden trauern sehen. Auf Grund unserer Wahrnehmungen interagieren wir mit unserer Umgebung in einer bestimmten Art und Weise und ahmen automatisch Handlungen nach, die wir zuvor bei ähnlichen Situationen erlebt und als angebracht verinnerlicht haben – beispielsweise das Trösten eines Kleinkindes, indem wir es in den Arm nehmen.
Die sensomotorischen Wechselwirkungen einer Person mit ihrer Umwelt hängen also mit der sogenannten interozeptiven Wahrnehmung des eigenen Körpers eng zusammen. Der Inselkortex im Gehirn führt die Interaktions- und Selbstwahrnehmungen zusammen.
Aus dieser Erkenntnis ergibt sich auf ganz grundlegender neurophysiologischer Ebene ein Beleg für die unter Psychotherapeuten schon lange vertretene Auffassung, dass unser Bewusstsein von uns selbst direkt verflochten ist mit den Beziehungen, in denen wir zu unserer Umwelt stehen. Der Mensch ist, mit anderen Worten, in seinem ganz basalen Selbst-Bewusstsein ein Beziehungswesen.
Dieser Forschungsansatz, der sich aus der Entdeckung der Spiegelneuronen entwickelt hat, hat hoch interessante Auswirkungen auf den Bereich der Psychosomatik. Er gestattet es, auf der körperlichen Ebene grundlegende Erkenntnisse der Individualpsychologie zusammenzuführen, die wahrscheinlich eine wichtige Rolle in der Ursache vieler klinischer Krankheits-Phänomene spielen – die aus pathophysiologischer Sicht bis heute kaum verstanden wurden.
Weitere Informationen unter: www.deutscher-psychosomatik-kongress-2012.de